Mir kamen die Tränen

Anna übernimmt die Stallarbeit, schmeißt den Haushalt. Die Aufgaben einer Dorfhelferin sind vielfältig.

Name: Anna | Alter: 26 | Maschinenring: Landsberg am Lech | Festangestellt bei Katholische Dorfhelferinnen & Betriebshelfer in Bayern GmbH | Ausbildung: 2015 – 2017 Dorfhelferinnenschule Pfaffenhofen a. d. Ilm und Neuburg a. d. Donau, Abschluss zur staatlich geprüften Dorfhelferin | Social Media: Instagram

Was ist der größte Fehler, den du am ersten Tag in einer neuen Familie machen kannst?

Wenn ich nur das Nötigste mache, mich nicht für die Familie oder die Abläufe auf dem Hof interessiere. Selbst wenn ich gerade einen schlechten Tag habe: Die Familie hat selbst Probleme und ich bin da, um ihr zu helfen.

Du bist Dorfhelferin. Viele wissen gar nicht mehr, was du genau machst oder meinen, du wärst eine gut ausgebildete Putzkraft. Spürst du das im Einsatz?

Es stimmt, dass viele meinen Beruf nicht mehr kennen oder sogar noch nie davon gehört haben. Bei den Familien vor Ort spüre ich davon aber nichts, die freuen sich auf mich. Die Familie meldet dem Maschinenring, wo sie Hilfe braucht und ich besuche eine Woche vor Einsatzbeginn den Hof. Dann ist klar, welche Aufgaben ich übernehme.

Welche denn?

Allgemein gesagt: Ich halte den Familienalltag am Laufen, übernehme Arbeiten im Haushalt und auf dem landwirtschaftlichen Betrieb. Ich kümmere mich um die Kinder oder die Senioren, mache Wäsche, Essen und Ordnung. Parallel schmeiße ich den Stall oder übernehme andere Arbeiten, die auf einem Bauernhof anfallen. Eben alles, was notwendig ist und nicht aufgeschoben werden kann.

Und wenn dir Aufgaben aufgetragen werden, die weder existenziell noch dringend notwendig sind?

Da muss ich eine klare Grenze ziehen und mache es nicht. Eine Frau wollte mal, dass ich ihren Flur streiche. Das habe ich natürlich nicht gemacht.

Auch Landmaschinen muss Anna bedienen können. Jeder Einsatz verlangt etwas Neues – auf jedem Einsatz lernt sie etwas Neues.

Das heißt, du musst als Dorfhelferin selbstbewusst sein?

Auf jeden Fall. Vor allem als Frau in der Landwirtschaft.

Wie meinst du das?

Ich spüre schon, dass der ein oder andere männliche Betriebsleiter erstmal skeptisch ist. Ich merke das zum Beispiel daran, dass er mir aufzählt, was er alles noch machen muss. Das sind dann Arbeiten, die zu meinen Aufgaben zählen und die ich auch kann. Sehr gut sogar. Da sage ich dann schon: „Lass das doch mich machen.“

Das klingt sogar ziemlich selbstbewusst.

Ich muss mich da nicht verstecken. Ich bin mit zwei älteren Brüdern auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen, habe eine Hauswirtschaftslehre und die Lehre zur Dorfhelferin erfolgreich abgeschlossen. Ich habe fünf Jahre gelernt, dabei immer gearbeitet. Meine Kolleginnen und ich sind keine angelernten Aushilfen, wir sind Fachfrauen.

Fachfrauen, die auf jedem Betrieb und in jedem Haushalt neue Eindrücke sammeln und Dinge lernen.

Absolut, das schätze ich an meinem Beruf. Ich sehe vieles viel differenzierter und nicht mehr schwarz-weiß. Im Moment arbeite ich auf einem Betrieb mit Anbindehaltung und kann sagen: Den Tieren dort geht es nicht zwangsläufig schlecht, auch wenn diese Form der Tierhaltung zum Auslaufmodell wird. Es geht aber auch viel banaler. In einem Haushalt habe ich gesehen, wie die Kleidung von fünf Kindern in zwei Schränke gepasst hat. Die Mutter hat die Kleidung nach der japanischen Konmari-Technik gefaltet. Da war ich wirklich baff und seitdem falte ich meine eigene Kleidung genauso.

Versuchst du etwas von deinem Wissen in die Familien und Betriebe einzubringen?

Ja und Nein. Nein deswegen, weil das nicht meine Aufgabe ist. Ich trage die Verantwortung dafür, dass Familie und Betrieb – ich sage das jetzt mal so – am Leben bleiben, also weiter existieren. Wenn ich aber gefragt werde oder die Situation es hergibt, dann gebe ich mein Wissen natürlich als Anregung weiter.

Hattest du auch schonmal hoffnungslose Fälle?

Ich bin mal auf einen Betrieb gekommen, habe die Türe zum Stall geöffnet und direkt gesehen: „Hier stimmt was nicht.“ Die Missstände haben sich dort im Grunde wie ein roter Faden durch alles gezogen. Da bin ich machtlos und wirklich froh, dass der Maschinenring bedingungslos hinter mir steht und mir auch klar macht: Wenn es nicht mehr zumutbar ist, dann sag Bescheid und geh.

Abschalten kann Anna am besten in den Bergen.

Klingt so, als wäre dir der Einsatz ziemlich nahe gegangen?

Das ist er wirklich. Ich muss dann abschalten. Für mich heißt das, dass ich raus in die Berge fahre und drei Stunden ohne Pause hoch bis auf den Gipfel laufe. Wenn ich das geschafft habe, dann schaffe ich den Rest auch. Dazu kommt, dass ich mit vielen anderen Dorfhelferinnen gut befreundet bin. Wir helfen uns gegenseitig, hören uns zu, geben uns Tipps.

Ehrliche Frage: Bekommt euer Beruf die Anerkennung, die er verdient?

Ehrliche Antwort: Nicht immer. Wenn ich eine Familie verlasse, dann spüre ich deren aufrichtige Anerkennung. Das ist auch keine Floskel, das ist wirklich so. Eine Familie hat mir eine Tasse zum Abschied geschenkt, auf der stand „Es gibt viele Menschen mit einem Herz, aber nur wenige haben ein solches wie du.“ Als ich das gesehen habe, kam mir sogar eine kleine Träne.

Sowas bekommen nicht viele. Trotzdem fehlt dir die Anerkennung?

Auf gesellschaftlicher Ebene. Gäbe es uns Betriebs-, Dorf- oder Haushaltshilfen nicht, müssten sich die Menschen durch schwere Zeiten allein kämpfen. Viele Menschen kennen unsere Berufe gar nicht mehr. Dabei können auch Nicht-Landwirte eine Dorf- oder Haushaltshilfe beantragen.

Zum Schluss: Was muss eine gute Dorfhilfe für ein Mensch sein?

Eine gute Dorfhilfe muss ein großes und offenes Herz haben, wirklich flexibel sein und einfach Freude daran haben, mit Menschen und Tieren zu arbeiten. Du musst einfach ein herzensguter Mensch sein. Das brauchen die Familien, die Menschen wie mich brauchen.

Mehr zu den Berufen Betriebs- und Haushaltshilfe erfährst du auf unserer Kampagnenseite www.mr-betriebshilfe.de

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